Flautando Köln

Ursula Thelen – Katrin Krauß – Susanne Hochscheid – Kerstin de Witt

FLAUTANDO KÖLN – das renommierte Blockflötenquartett steht seit 28 Jahren für brilliantes Zusammenspiel auf höchstem technischen Niveau, gepaart mit Temperament, Charme und Witz.

So souverän, wie sich die vier Musikerinnen auf internationalem Parkett bewegen, so innovativ sind sie auch bei der Entdeckung neuer genreübergreifender Literatur. Mit großem Stilgefühl und Phantasie arrangieren sie Werke aller Epochen für ihre Besetzung, die nicht nur mit mehr als 40 Blockflöten verschiedenster Größe und Bauart aufwartet, sondern auch mit der vielgelobten Sopranstimme von Ursula Thelen eine weitere Facette erklingen lässt.

Seien es feurige mittelalterliche Spielmannstänze, virtuose Barockkonzerte, wehmütige türkische Volkslieder oder aber ein dramatisches Chanson von Kurt Weill, FLAUTANDO KÖLN überrascht seine Zuhörer immer wieder mit nie Dagewesenem und begeistert Publikum wie Kritiker gleichermaßen.

Charmante Moderationen machen die umjubelten Konzerte darüber hinaus zu einem stimmungsvollen und mitreißenden Gesamterlebnis, in dem Virtuosität selbstverständlich, aber nie Selbstzweck ist.

Neben regelmäßigen Rundfunk- und Fernsehaufnahmen beim WDR, SWR, MDR und Radio Bremen nahm FLAUTANDO KÖLN bisher neun CDs in Zusammenarbeit mit dem WDR und dem DLF auf. Regelmäßig arbeiten die Flötistinnen mit Gastmusikern zusammen (z.B. Franz Vitzthum / Countertenor oder Torsten Müller / Perkussion). Im Reformationjahr 2017 spielte das Quartett gemeinam mit dem Schauspielern Martin Brambach sein Programm rund um Martin Luther.

Das Quartett gastierte bei zahlreichen Festivals weltweit, u.a. dem Schleswig Holstein Musikfestival, dem Rheingau Musikfestival und dem MDR Musiksommer. Auslandsreisen führten FLAUTANDO KÖLN nach Zentralamerika, China, Taiwan, Korea und quer durch Europa.

Webseite: flautando-koeln.de

Tanzen im Lockdown

“Nichts geht mehr!” Das war die neue Realität, die seit dem ersten ersten Lockdown letzten Jahres für die gesamte Musik-Kultur gilt. Auch das Blöckflöten-Quartett “Flautando Köln”, das jährlich mit vielen Konzerten im In- und Ausland auf der Bühne steht, war das ein herber Schlag.
Nun senden die vier Musikerinnen ein starkes Lebenszeichen. Mit “Tanz für Vier” veröffentlichen sie eine Ersteinspielung mit 2 Tänzen für Holzbläserquartett von Michael Peter Jaeckel. Quasi eine “Coronaparty” für vier Blockflöten, um die Krise wegzutanzen. Mit dem “Heilenden-” und dem “Verzwickten-” Tanz, lassen sich ja vielleicht auch die Wunden in unseren kulturausgedörrten Seelen behandeln.

CD: Kaleidoskop

Ein Kaleidoskop ist ein Wundergerät. Mit nur wenigen bunten Steinchen und drei Spiegeln verzaubert es Auge und Gemüt. Für einen Augenblick glaubt man oder hofft jedenfalls, dass die betrachtete Außenwelt tatsächlich so schön ist, wie sie sich da gerade präsentiert. Doch ein noch so kunstfertiges Kaleidoskop macht aus der Türkei keine mustergültige Demokratie, und aus Deutschland und Italien sind die Rechtspopulisten nicht einfach verschwunden; England wird weiterhin mit seiner europäischen Identität ringen, und Ungarn wird vermutlich mehr und mehr vom autoritären Regierungsstil seines Präsidenten geprägt werden. Die Welt, in der Musik betrieben wird, ist nicht nur schön, aber ein musikalisches Kaleidoskop kann dieser Welt für gewisse Zeit einen Zauber verleihen – mit Farben, die verzücken und einen überraschend neuen Blick auf die Realität freilegen. Und möglicherweise sieht man danach auch genauer hin und ist weniger verträumt.

Bei jeder Drehung des musikalischen Kaleidoskops, das mit den Arrangements von Flautando Köln auf dieser CD präsentiert wird, kommt ein anderer Klang ins Spiel, und man weiß gar nicht genau, ob die vorhergehende Komposition schöner war oder das nächste Arrangement es sein wird. Ein Kaleidoskop eben.

Die einfachen Melodien von den Straßen und Gaststuben, die John Playford gesammelt hat, sind vom Quartett so arrangiert, dass bei jedem der drei Miniaturen eine neue Klangfarbe erscheint – so, als seien es Stücke der vier Musikerinnen.
Dreht man das Kaleidoskop ein wenig weiter, erklingt die geistliche Musik der Renaissance mit Palestrinas Vertonung des 42. Psalms. Diese war im 16. Jahrhundert die eher vertraute Musik, wenn auch nicht in der damals unerhörten Polyphonie des Italieners. So wie im Psalm der Hirsch nach frischem Wasser verlangt, so verlangen, das Kaleidoskop nun neu ausgerichtet, die Liebenden in den vier türkischen Volkslieder nach dem beziehungsweise der Geliebten. Eine neue Farbe ist ins Spiel gekommen.

Ein weiterer Blick durch das Zaubergeräts macht die Ohren frei für das 20. Jahrhundert. Der Wahl-Hamburger György Ligeti aus Rumänien/Ungarn hat mit seinem Kompositionsstil einen für ihn typischen Sound hervorgezaubert, der im sozialistischen Osten so inkriminiert wurde, dass er in den Westen entfloh, wo allerdings auch nicht alle auf seiner Seite waren. Jedenfalls sind seine Bagatellen von Flautando Köln zauberhaft in die Sprache der Blockflöten übersetzt worden.

Ein Kaleidoskop lässt sich zwar nicht zurückdrehen, hier aber kommt mit einer erneuten Wendung ein längst vergangenes Jahrhundert zum Vorschein. Die fast schon unverschämt erotischen Minnegesänge von Neidhart aus dem 13. Jahrhundert hat sich das Blockflötenquartett im Arrangement von Holger Schäfer zu eigen gemacht.

Damals diente die Musik dem Vortrag von Gedichten. Racheal Cogan, die junge Kanadierin, macht es anders. Sie hat zunächst die Töne komponiert und dann erspürt, welche Bilder sich beim Hören einstellen. Ihrer Meinung nach klingt die Komposition nach herbstlich wirbelnden Blättern, und so ist sie auf Swirling Leaves gekommen. Aber ganz gewiss ergeben sich auch andere Assoziationen.
Wem es bei diesem Herbst jedoch zu bunt wird, dreht das Kaleidoskop weiter und kommt zu den Farben des Barock. Virtuos geht es zur Sache in Telemanns Concerto in a-moll.
Aber schon wird es wieder schelmisch farbenfroh, wenn Mozarts „Ah, vous dirai-je, Maman“ erklingt, Variationen eines damals bekannten französischen Kinderliedes. Wer aber in diesem Stück ein beliebtes deutsches Weihnachtslied hören möchte – warum nicht?

Erik Satie, Avantgardist mit Neigung zum Dadaismus und Künstlerfreund von Picasso, Braque und anderen Malern, ist bekannt geworden mit einerseits sehr monothematischen Melodien und andererseits mit seinen wohl im Alkoholrausch entwickelten Anweisungen an die Musiker: „Spielen Sie es wie eine Nachtigall mit Zahnschmerzen“ oder, wie in diesem Fall, „Aus der Tiefe ihres Herzens“.

Bei der nächsten Drehung des Kaleidoskops kommen Arrangements von traditionellen Volksliedern aus England zum Vorschein; Lieder, die als poetische Popsongs bekannt geworden sind. Welche Fähigkeiten Liebende sich zutrauen, erzählt Scarborough Fair. Wer, wenn nicht ein Liebender wäre in der Lage, in einer einzigen Nacht ein Hemd ohne Nähte zu nähen oder ein Land zu finden, das zwischen Wellen und Strand liegt?

Zum guten Schluss kommt es einem so vor, als erschienen noch einmal alle Farben auf einmal. Beim Arrangement des rumänischen „Hora ca din caval“ von Jan Rokyta geht es richtig zu Sache – farbenfroh, zauberhaft und voller Lebenslust. Ein Kaleidoskop eben.

Friedrich Brandi

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